Meine Ayurveda-Auszeit im Rockholm Beach Retreat
Nachdem ich im vergangenen Jahr im Park am See in Deutschland war – ein stiller, fast kontemplativer Ort am Tollensesee, an dem Ayurveda mit viel Feingefühl vermittelt wird – wusste ich, wie wohltuend diese jahrtausendealte Heiltradition sein kann. Das Park am See gehört zum Nattika Beach Resort in Kerala Südindien, welches in Kovalam (auch Südindien ca. 400 km vom Mutterhaus Nattika entfernt) ein weiteres Retreat direkt am Meer im 2019 eröffnet hat, das Rockholm Beach Retreat. Das sind Orte, an denen Ayurveda nicht nur praktiziert, sondern gelebt wird – nicht im Sinne einer spirituellen Show oder strengen Askese, sondern als verkörperte Präsenz, als tiefe Selbstverständlichkeit.
Ein ehemaliges Heritage-Hotel direkt am Lighthouse Beach, ist heute ein kleines, feines Ayurveda-Retreat mit Blick auf den Ozean. Mit warmem Wind auf der Haut, dem ewigen Rauschen der Wellen und einer inneren Ruhe, die nicht langsam kommt, sondern sofort da ist – wie ein längst vergessener Freund.
Ankommen am Meer – und bei mir
Ich kam an einem frühen Nachmittag an. Die Sonne war golden, das Meer glitzerte. Der Empfang war offen und herzlich – und ich rieche jetzt noch den Duft der Jasminblüten-Halskette, die mir liebevoll umgehängt wurde. Es gibt Orte, die wirken wie ein Ausatmen. Rockholm ist so ein Ort.

Schon beim Einchecken wurde klar: Hier wird nichts erwartet. Es geht um mich und meinen inneren Frieden. Ich musste nichts beweisen. Ich durfte einfach ankommen – körperlich, geistig, seelisch. Instinktiv spürte und wusste ich: Das wird mir richtig und nachhaltig guttun.
Ayurveda, wie es gemeint ist
Was mich am meisten beeindruckt hat: Wie konsequent und gleichzeitig flexibel Ayurveda hier gelebt wird. Keine Uniformbehandlung, kein Standard-Programm, sondern ein tiefgehender, individueller Zugang. Nach einem sehr ausführlichen Erstgespräch mit der leitenden Ärztin und ihren zwei Arzt Kollegen – ruhig, präzise, mit Humor und viel Zeit – wurde mein persönlicher Behandlungsplan erstellt. Dabei ging es nicht nur um Symptome, sondern um mein ganzes System: Verdauung, Schlaf, Emotionen, Lebensrhythmus.

Die Anwendungen selbst: ein tägliches Ritual aus Berührung, Wärme und Präsenz. Mal eine sanfte Abhyanga-Ölmassage, bei der ich fast eingeschlafen bin. Mal ein intensiveres Marma-Treatment, das alte Spannungen gelöst hat. Mal Shirodhara, der berühmte Ölstrahl auf die Stirn, der mich in einen Zustand versetzt hat, den ich nur als „zwischen den Welten“ beschreiben kann.
Was mich besonders berührt hat: Die Therapeutinnen arbeiteten zu zweit synchron mit einem feinen Gespür. Mit Händen, die wussten, was sie taten – und mit einer Haltung, die nichts wollte, sondern einfach da war. Es war kein Funktionieren, sondern Hingabe. Und das spürt man.


Essen, das heilt – und nährt
Ich habe in Retreats schon viele ayurvedische Mahlzeiten gegessen. Immer gut, da ich indisches Essen wirklich liebe. In Rockholm war das Essen ein echtes Erlebnis – nicht nur kulinarisch, sondern auch atmosphärisch. Es wurde frisch zubereitet, individuell auf die drei Doshas abgestimmt, liebevoll angerichtet – und mit einer Sorgfalt serviert, die man sonst nur aus Familienküchen kennt. Untereinander waren sie super organisiert und koordiniert. Die Küche wusste immer sofort, was der Doktor angeordnet hatte, und setzten es um, ohne dass man etwas sagen oder wiederholen musste.
Morgens, mittags und abends gab es pro Dosha immer 6 Speisen, so konnte man individuell variieren und das Essen wurde nie langweilig. Es wurde vegetarisch gekocht, da die ayurvedische Küche vegetarische Kost empfiehlt. Während der Kur sollte man auf Fleisch, Alkohol und Koffein verzichten, da es die Therapie und die Wirkung der ayurvedischen Medikamente beeinträchtigen kann. Schon zum Frühstück gab es gedämpftes Gemüse und leichte Speisen wie Dosai, frisches Kokos-Chutney. Mittags leckeres Kitchari, Currys, Fladenbrot, viel gekochtes Gemüse abgerundet mit einem kleinen, nahrhaften Dessert. Abends immer die Auswahl zwischen zwei Suppen, gedämpftes, leichtes, gut gewürztes aber nicht scharfes Essen. Und viel Kokoswasser und frische Säfte am Mittag, die ich über alles liebte.

Mein Magen hat sich sehr schnell an die Essensumstellung gewöhnt. Kein Blähbauch, keine Schwere – sondern ein Gefühl von innerer Klarheit und Energie. Besonders wohltuend: Es gab kein Dogma, kein Verzicht, sondern eine selbstverständliche Verbindung von Genuss und Heilung.

Das Meer – Stille in Bewegung
Jeden Morgen war ich vor der Yoga Practice kurz am Strand. Barfuss, den Sand unter den Füssen, das Rauschen im Ohr. Ich war einfach da. Geerdet durch die Wellen, geöffnet durch die Weite. Sie haben mir eine Art von Ruhe geschenkt, die sich nicht herbei meditieren lässt.


Das Meer ist hier nicht Kulisse. Es ist Lehrer, Begleiter, Spiegel. Es zeigt einem, wie Wandel funktioniert: sanft, konstant, unbeirrt. Ich habe oft einfach nur dagesessen und geschaut – und mich dabei selbst wiedergefunden.
Raum zum Rückzug
Mein Zimmer: hell, luftig, mit direktem Blick aufs Meer. Ich habe viel gelesen, geträumt, geschrieben, gedacht. Auch die Gemeinschaftsbereiche waren zurückhaltend gestaltet, aber hatten trotzdem viel Charme. Der Garten war gepflegt, üppig, lebendig mit vielen Plätzen zum Verweilen, wenn man nicht am Strand oder am Pool die Seele baumeln lassen wollte. Besonders angetan war ich vom Ayurvedischen Heilpflanzen Garten, der über 60 Heilpflanzen beherbergte. Ich hatte sogar einmal eine Führung und habe mir alles Wissenswerte aufgeschrieben.
Handys waren nicht verboten, wurden aber selten gezückt und wenn, dann um die Schönheit des Ortes festzuhalten. Es war ein Ort, der Rückzug nicht nur erlaubt, sondern fördert. Und gleichzeitig ein Raum, in dem echte Begegnungen möglich waren.
Was bleibt
Nach zwei Wochen fühlte ich mich sichtbar regeneriert – und das meine ich ganz wörtlich. Ich war die Ruhe selbst, meine Augen wacher, mein Schlaf tiefer. Ich war innerlich stiller geworden. Nicht leer, sondern sortiert. Nicht euphorisch, sondern klar.
Rockholm hat mir nicht „die eine Erkenntnis“ gebracht. Aber viele kleine. Dass Heilung nicht anstrengend sein muss. Dass Tiefe auch leise sein darf. Dass Hingabe nicht spektakulär sein muss, um echt zu sein.
Ich habe Routinen mitgenommen, die heute noch wirken: ein kleines Morgenritual. Eine neue Achtsamkeit beim Essen. Und die Erinnerung, dass Selbstfürsorge nicht Selbstoptimierung bedeutet.
Wenn man Ayurveda wirklich erleben will – nicht als Konzept, sondern als gelebte Praxis –, dann ist Rockholm ein Ort, der das ermöglicht. Unaufdringlich. Echt. Und tief.
Ich würde jederzeit wieder hinfahren. Und vielleicht tue ich das auch.